Page 67 - edlake –Magazin – Ausgabe Winter 2024
P. 67
Nachbarschaft | Schwalmstadt
Museum der Schwalm
Das Museum ist ein
Fundus an Wissen über die Weißstickerei, die du auch in den weltberühmten Schwälmer Trachten siehst. Vor Kurzem nahm die UNESCO diese Handwerkskunst als immate- rielles Kulturerbe auf. Elisabeth freut sich, uns alles zu zeigen.
gewonnen und gewebt wird. Der Unter- schied zu anderem Leinenstoff ist, dass die Fäden extrem fein und dünn sind. So ist das Weben des Stoffes besonders aufwendig. Genauso verhält es sich mit der Stickerei der klassischen Motive. Elisabeth beein- druckt uns, als sie uns Stickereien zeigt, die wir nur unter der Lupe richtig erkennen. Elisabeth sagte, dass diese wertvollen Stof- fe nicht gewaschen wurden, um sie nicht zu gefährden. Demzufolge existieren in erster Linie Tagesdecken und Zierhandtücher, die an Türen gehängt wurden. Im Klartext braucht es ein Jahr, um eine Tagesdecke
in der Weißstickerei herzustellen. Den Wert einer solchen Decke vergleicht Elisabeth mit einer Kuh in historischer Zeit.
Weißstickerei ist, wie der Name schon sagt, weiß. Einige wenige Akzente werden jedoch mit gefärbtem Garn gestickt. Sie
sind entweder rot oder schwarz. Der rote Farbstoff ist beständig und immer noch rot. Der schwarze Farbstoff jedoch verlor seine Farbe und sieht inzwischen golden aus. Für uns wirkt es ästhetischer als schwarz.
Trauer um verlorene Handwerkskunst
Die Werkstücke erhalten, nachdem sie fertig sind, einen entsprechenden Rah- men. Es wird ein Spitzensaum geklöppelt. Diese Handwerkskunst ist kompliziert und aufwendig. Leider wurde in den 1970er Jahren die Klöppelspitze oft entfernt und durch Fransen aus Baumwolle ersetzt. Das entspricht dem Zeitgeist der 70er Jahre. Elisabeth stimmt es sichtlich traurig, und es scheint, als träge ihr Herz Felsen. Wir schauen uns den Frevel an und finden es ebenfalls absurd, entschuldigen es aber
mit dem Zeitgeist der 70er Jahre, als neue Materialien gefeiert wurden. Glücklicher- weise existieren aber noch einige Relikte der bezaubernden Klöppelarbeiten.
Ein Erbe über viele Generationen hinweg
Weißstickerei ist alt. Die ältesten Stücke stammen aus der Zeit des 12. Jahrhun- derts. Sie wurden für ein Antependium genutzt. Die Technik wurde fortgeführt und verfeinert, bis in die Zeit um 1850. Mit Beginn der Industrialisierung schwand auch das Interesse. Heute findest du zahlreiche, gut besuchte Kurse, um das Handwerk zu lernen. Die meisten findest du bei den Volkshochschulen. Elisabeth und Wilfried wünschen sich, dass das Erbe noch viele Generationen über erhalten bleibt. Für uns war es lehrreich, aber viel
edlake – das Erlebnismagazin für die Ferienregion im Herzen Deutschlands | Winter 2024
67

