Page 68 - edlake Magazin – Ausgabe Frühjahr 2025
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Gedenkstätte Trutzhain
Seilerweg 1
34613 Schwalmstadt
Tel.: 06691 / 71 06 62
info@gedenkstaette-trutzhain.de
www.gedenkstaette-trutzhain.de
nutzte es die amerikanische Armee zur
Internierung deutscher Soldaten. Der
Stacheldraht um das Lager blieb aus
Angst der Amerikaner vor deutschen
Pogromen. Nach 1946 nutzten jüdische
Heimatlose das Gelände. Das kommunis-
tische Polen und andere Länder verwei-
gerten ihnen die Einreise, und oft waren
ihre Häuser zerstört. Da das Lager nach
dem Krieg intensiv genutzt wurde, ist es
bis heute noch erhalten.
an denen Gefangene Zwangsarbeit
leisteten. Wir staunen über die immen-
se Organisation und versuchen uns an
einer interaktiven Karte direkt neben
der Wandtafel. Hier sehen wir im Detail
die Orte der Zwangsarbeit mit den aus-
geübten Tätigkeiten. Die Gefangenen
arbeiteten in Kassel, in der Industrie und
der Trümmerbeseitigung. Aber auch
auf den Dörfern finden wir zahlreiche
Arbeitsstätten in der Landwirtschaft. In
der Kriegsindustrie arbeiteten sie nicht.
Sebastian informiert uns, dass es in
Deutschland 13 Millionen Zwangsarbeiter
aus Gefangenschaft gab.
Ein stiller Schrei
entstand bei der Befreiung des Lagers
nach der Kapitulation. Die Gefangenen
freuen sich auf ihre Heimat und die
Familien. Aber längst nicht alle sind so
fröhlich. Die sowjetischen Häftlinge
steuern auf eine ungewisse Zukunft hin.
Stalin verlangte, dass sie nie in Gefan-
genschaft geraten dürften. Sie sollten
vielmehr einen heroischen Tod sterben.
Nun wissen sie nicht, was ihnen zu Hause
blühte.
Ein Kerzenlicht brennt
in tiefer Dunkelheit
Das Schicksal der Baracken
Damit ist die Geschichte des Lagers
lange nicht vorbei. Nach der Kapitulation
Um die Bewohner des Lagers nach dem
Krieg in Brot und Arbeit zu bringen,
wurden etliche Firmen in Trutzheim an-
gesiedelt. Es wuchs unter anderem eine
Brokatweberei, eine Kistenmanufaktur
und eine Kunstblumenfabrik. Scherzhaft
nannten Zeitgenossen das Viertel „Ruhr-
pott der Schwalm“.
Nun stehen wir vor einer Tür aus einer
Baracke. Darauf ist die Freiheitsstatue
gemalt. Die Insassen nutzten jede Gele-
genheit, sich und ihre Kultur im Gebäude
zu verewigen. Zeichnungen und Sprüche
auf Türen und Wänden zieren das fahle
Ambiente. Demütig betrachten wir lange
eine Gefängnistür mit etlichen Sprüchen.
Mit zarten, kleinen Buchstaben von Blei-
stiften überdauern sie die Zeit.
Im Foyer der Gedenkstätte finden wir ein
Modell des kompletten Lagers. Die Gebäude
sind noch allesamt erhalten. Hier wurde ein dunkles
Kapitel deutscher Geschichte geschrieben.
Des einen Freud, des anderen Leid
Ein Gruppenfoto gefangener Soldaten
irritiert uns. Die Insassen wirken seltsam
heiter. Sebastian klärt uns auf: Das Foto
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